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Montag, 12. September 2016

Verschroben ist nicht aufgehoben

Im Grunde geht mich ja diese ganze Bundespräsidentenwahl nichts an. Als Piefke darf ich sowieso nicht wählen, also wird der neue auch nicht "mein" Präsident sein. Auch unterliege ich, anders als viele meiner österreichischen Mitmenschen, nicht dem psychologischen Zwang, mich für all den Schlendrian im Zusammenhang mit der Wahl schämen zu müssen: erst die Aufhebung der Stichwahl aufgrund von Regelwidrigkeiten bei der Auszählung, jetzt die schadhaften Kuverts, die nicht zuverlässig kleben und daher eine Verschiebung der Wahl nötig machen ...

Dass der österreichische Staat sich derart schwer tut, eine hieb- und stichfeste Wahl durchzuführen, scheint vielen seiner Bürger mittlerweile peinlicher zu sein als die Alternative, zwischen einem altlinken und einem neurechten Präsidenten wählen zu müssen. Andererseits wäre es vielen wohl nicht unlieb, wenn diese Wahl bis auf den St. Nimmerleinstag verschoben würde.

Mir als Deutschem könnte das alles, wie gesagt, wurscht sein. Theoretisch. Auch wenn ich mich als Zugereister weder mit der Wahl noch mit dem Gewählten - so es ihn denn eines Tages gibt - identifizieren muss, so muss ich doch mit beidem leben und es erdulden. Denn hier steht mein Haus, meine Frau, meine Kinder sind Bürger dieses Staates, und seine Gesetze gelten auch für mich. Wobei die Gesetze, dank der Europäischen Union, in den allermeisten Bereichen keinen Unterschied mehr machen zwischen Österreichern und anderen EU-Bürgern - sieht man einmal vom Wahlrecht und der Wehrpflicht ab.

Das dürfte sich freilich ändern, sollten sich nationalistische Tendenzen, die ja nicht zuletzt der eine der beiden Präsidentschaftskandidaten verkörpert, durchsetzen. Dann dürfte auch die Gesetzgebung in Zukunft wieder stärker zwischen Österreichern und Nicht-Österreichern unterscheiden. Entsprechende Vorstöße gibt es bereits, im Straf- und Sozialrecht etwa.

Insofern geht mich das ganze doch etwas an. Ich habe zwar selbst nicht die Wahl, aber die Qual.

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